Samstag, 11. Oktober 2008

Unsichtbar und doch vorhanden

"Frauen über 50" führen entweder ein äußerst aktives Sexualleben oder streben entschlossenen Schritts den Lebensabend an. Frauen wie mich, knapp über 50, irgendwie ganz normal und irgendwie noch mitten drin im Leben, scheint es im Internet nicht viel zu geben. Wer's nicht glaubt, sollte es mal mit googeln versuchen - aber bitte nicht von einer Sinnkrise in die nächste stürzen.

Ich bin Marte, Jahrgang 1956, und habe kein Problem mit meiner zunehmenden Reife. Im Gegenteil, mittlerweile fühle ich mich besser als zu der Zeit, als das Blogfoto von mir entstand. Damals war ich 49 1/2. Wenige Wochen später fuhr ich mit meiner ausgesprochen hübschen siebzehnjährigen Tochter zu einem Treffen für Drehbuchautoren nach Berlin. Wie immer hatten wir viel zu viel Gepäck dabei, für insgesamt drei Tage jede einen prall gefüllten Trolley. Endlich Ankunft am Bahnhof Charlottenburg. Weder Lift noch Rolltreppe, stattdessen endlose Treppenstufe, die in die Höhe führten. Mutter und Tochter sehen sich skeptisch an. Werden wir unsere Koffer da hinauf bekommen? Tara - symbolische Fanfarenstöße erklingen. Rettung naht in Gestalt eines hilfsbereiten jungen Mannes. Mit Elan schnappt er sich einen Koffer, eilt damit die Stufen nach oben, winkt freundlich zum Abschied und entschwindet. So, und jetzt ratet mal, wessen Koffer er hinauf getragen hat. Meinen jedenfalls nicht!

Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt, unsichtbar zu sein. Als Frau über 50, aber noch nicht 60, gehöre ich weder der werbungsrelevanten Zielgruppe (endet mit 49) an noch der Gruppe der "Silberlocken".

Apropos "Silberlocken", ist das nicht ein fürchterlicher Ausdruck? Ich habe ihn zum ersten Mal in einem Beitrag des Instituts der deutschen Wirtschaft gelesen. Der Artikel handelt von dem Pilotprojekt - PFIFF -, das sich mit der geistigen Fitness älterer Arbeitnehmer beschäftigt:

Dabei kam heraus, "dass die Silberlocken den Greenhorns in einigen Bereichen" überlegen waren. "In anderen musste sich die 50-plus-Generation" dem Nachwuchs geschlagen geben.

Fällt euch was auf? Es gibt die 20-jährigen, die 30-jährigen, die 40-jährigen. Tja, und danach machen wir in unserer Entwicklung einen großen Sprung von 50 bis unendlich?

Hallo? Die durchschnittliche Lebenserwartung von Frauen liegt bei 80 - 85 Jahren. Vom Standpunkt "50" aus betrachtet, dürfen wir uns also auf noch mal so schöne 30-35 Jahre freuen.

Sorry, aber ich weigere mich, diese wundervollen kommenden Jahre als ein deprimierendes Szenario des geistigen und körperlichen Verfalls zu betrachten.

Vor mir liegt die beste Zeit meines Lebens, davon bin ich fest überzeugt. Solange ich schreiben kann, ist jedenfalls noch alles im Lot ;-).

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